Wirtschaftspsychologie
Michèl Taleb • 19. November 2023

Fachkräftemangel: Personalbeschaffung im Handwerk - Social Media

Recruiting im Handwerk

Im letzten Beitrag "Fachkräftemangel: Warum das Handwerk besonders leidet" wurden einige Nachteile des Handwerks gegenüber anderer Wirtschaftsbereiche aufgezeigt.

Neben den allgemein wirkenden Gründen, wie der Überalterung der Gesellschaft, hat das Handwerk noch mit Imageproblemen zu kämpfen.

Um so wichtiger ist ein Umdenken bei der Personalbeschaffung im Handwerksbereich. Aber Achtung, wenn Deine Mitarbeiter schnell wieder kündigen, nutzt auch die beste Personalbeschaffung nichts. In dem Fall solltet ihr Euch mit den Arbeitsbedingungen befassen.


Etwas Grundsätzliches. Genau wie die Kunden seit den 1960er Jahren aus einem Überfluss wählen können, wo sie ihre Waren einkaufen, genau so habe heute Arbeitnehmer die Wahl, wo sie arbeiten möchten. Genau wie seit den 1960er Jahren Marketing überlebensnotwendig für Unternehmen wurde, genau so brauchen wir heute Marketing bei der Personalbeschaffung. Die beste Art der Personalbeschaffung ist natürlich der Aufbau einer starken Arbeitgebermarke, die von alleine Bewerbungen generiert. Auf die Voraussetzungen dafür gehe ich in einem späteren Artikel ein.


Achtung: Hier wird natürlich nur eine sehr vereinfachte Blaupause aufgezeigt, um eine Vorstellung über den groben Ablauf zu vermitteln. Zwischen ich poste was aus Social Media und einer professionellen Kampagne liegen natürlich Welten. Ob ein Unternehmen seine Kampagnen selbst umsetzt oder sich dabei Hilfe holen sollte, hängt natürlich mit den Fähigkeiten und Erfahrungen des Unternehmens zusammen.


1. Schritt: Wen möchtet ihr überhaupt ansprechen?

Wen sucht ihr für die Stelle? Fachkraft, Geselle, was noch? Ein Beispiel: Ich suche einen Handwerksgesellen im Umkreis von 30 km von meinem Betrieb aus, ab 5 Jahren Berufserfahrung. Das heißt nicht, dass sich kein anderer bewerben darf. Es hilft uns aber dabei eine Strategie zu ermitteln, wo ich diesen Personenkreis, wie ansprechen kann. Das ist natürlich nur ein sehr vereinfachtes Beispiel.

Beispiel: Suche ich Lehrlinge, kann ich interessante TikTok-Videos posten. Suche ich erfahrene (ältere) Fachkräfte, sollte ich eher über Facebook oder Instagram werben. Auch der Inhalt der Botschaft muss an die Zielgruppe angepasst werden. Weitere mögliche Kriterien, um die Zielgruppe zu beschreiben, können Familienstand, oder bestimmte Interessen oder Einstellungen sein. Ein junger Familienvater legt vermutlich wohl eher Wert auf die Sicherheit des Arbeitsplatzes als ein gleichaltriger Single.

Immer noch unterrepräsentiert sind Frauen im Handwerk, wer also seinen Betrieb attraktiv für beide Geschlechter macht, hat seinen Pool an potenziellen Bewerbern schon verdoppelt.


Warum wir hier nicht auf klassische Stellenanzeigen eingehen, habe ich in meinem Artikel "Fachkräftemangel: Wechselbereite Mitarbeiter" erklärt.


2. Schritt: Womit könnt ihr Deine Zielgruppe ansprechen?

Wenn ihr es Euch leicht machen wollt, erstellt einen Post mit dem Inhalt "Langes Wochenende mit unserer vier Tage Woche", ein schönes Bild dazu und einen Link über den man sich direkt bewerben kann ohne viel Papierkram. Die vier Tage Woche ist derzeit einer der stärksten Mitarbeitermagnete. Dabei setzten die meisten Betriebe die vier Tage Woche ohne Reduktion der Wochenarbeitszeit um. Die Mitarbeiter nehmen es dennoch sehr gut an. Weitere Faktoren können besondere Tätigkeiten oder Entwicklungsmöglichkeiten sein. Den Inhalt Deiner "Werbung" orientiert sich an der zuvor abgegrenzten Zielgruppe. Hier zeigt sich, warum der vorherige Schritt so wichtig ist. Wenn Du weißt, wen Du ansprechen willst, kannst Du folglich auch die richtige Botschaft vermitteln. Dabei gibt es eine Vielzahl psychologischer Effekte und "Trigger", die auf die Zielgruppe abgestimmt werden müssen und die gewünschte Handlung auslösen sollen.


3. Schritt: Die richtigen Kanäle wählen

Wo hält sich Euere Zielgruppe auf? Auf den Stellenportalen erreicht ihr "nur" die aktiv Suchenden. 37% der Arbeitnehmer sind allerdings wechselbereit, aber nicht aktiv auf Jobsuche (Faz.net, 2023). Wie erreichst Du die also auch noch? Eine einfache Antwort ist Social Media. Wobei sich die Kanäle grob nach Alter unterscheiden lassen. Während auf TikTok vermehrt die jüngere Generation anzutreffen ist, finden sich auf Instagram und Facebook eher die "erfahreneren" Fachkräfte. Je nach Kanal entscheidest Du Dich dann noch dafür, ob Du mit Videos oder Bildern arbeiten willst.


4. Schritt: Hürden klein halten

"Bitte senden Sie ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen...."

Davon solltet ihr Euch langsam verabschieden. Einen Link zu einem Bewerbungsformular oder direkt eine Telefonnummer sollten sich schon in Euerem Post befinden. Die Möglichkeit sich direkt vom Handy aus zu bewerben soll gegeben sein, damit der Adressat sich sofort bewerben kann. Die Bewerbungsunterlagen kann der Bewerber nachreichen, wenn das Gespräch gepasst hat.


Fazit:


  • Nicht alle potenziellen Bewerber sind auf Jobsuche
  • Potenzielle Bewerber haben die Wahl wo sie arbeiten möchten
  • Mit Marketingmaßnahmen können wir den Arbeitnehmermarkt bearbeiten
  • Eine definierte Zielgruppe hilft die richtigen Menschen, am richtigen Ort, mit der richtigen Botschaft zu erreichen
  • Halte die Hürden, um sich bei Dir zu bewerben klein
  • Social Media kann Teil einer Strategie sein, darf aber nicht als Allheilmittel verstanden werden


Habt ihr Fragen zu dem Thema oder wünscht ihr Euch ein bestimmtes Thema als Beitrag, schreibt mir gerne eine E-Mail.


Quellen:


FAZ.net. (2023). EY-STUDIE: Viele Arbeitnehmer beschäftigen sich mit Jobwechsel. https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/buero-co/ey-studie-viele-arbeitnehmer-beschaeftigen-sich-mit-jobwechsel-19111367.html



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