Wirtschaftspsychologie
Michèl Taleb • 28. März 2024

Systematischer Einblick in die Arbeitszufriedenheit

Mitarbeiterzufriedenheit erzeugen

Warum ist Arbeiterzufriedenheit insbesondere für KMUs so wichtig?


Arbeitszufriedenheit ist für alle Unternehmen ein wichtiges Thema und ein strategischer Wettbewerbsvorteil. In diesem Artikel wird vornehmlich auf klein und mittelständische Unternehmen (KMU) Bezug genommen. Anders als in großen Konzernen sind die Menschen in KMUs oft für mehrere Funktionen und Aufgabenbereiche zuständig. Der Einzelne trägt somit einen großen Teil der Verantwortung für den Unternehmenserfolg. Der Wegfall einer Person wird zudem deutlicher gespürt, da insgesamt weniger Menschen im Unternehmen tätig sind. 


Eine hohe Arbeitszufriedenheit führt zu einer erhöhten Leistungsbereitschaft, einer höheren Produktivität und einer geringeren Fluktuation im Unternehmen. Zufriedene Mitarbeiter identifizieren sich stärker mit dem Unternehmen, sind loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber und tragen aktiv zur positiven Unternehmenskultur bei. Vereinfacht gesagt, ist Arbeitszufriedenheit eine positive  Einstellung zur eigenen Berufsarbeit. Ob eine Arbeitszufriedenheit entsteht, ergibt sich aus dem Verhältnis der Erwartung an einen bestimmten Sachverhalt und inwieweit dessen Erfüllung wahrgenommen wird. Arbeitszufriedenheit ist also das Ergebnis einer subjektiven Bewertung, aus der sich dann Einstellungen zu den Facetten der eigenen Arbeitssituation bilden (Neuberger, 1974). 


Besonders in Zeiten des Fachkräftemangels ist es für KMUs wichtig, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, um qualifizierte Fachkräfte langfristig an das Unternehmen zu binden. Eine positive Arbeitsatmosphäre und ein wertschätzender Umgang mit den Mitarbeitern sind hierbei entscheidend.


Die spezifischen Herausforderungen, denen sich KMUs gegenübersehen, liegen oft in begrenzten Ressourcen und Budgets, die es schwierig machen können, mit den Angeboten größerer Konkurrenten Schritt zu halten.

Doch gerade hier ergeben sich auch Chancen: KMUs können durch flachere Hierarchien und eine stärkere Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse punkten. Dies fördert das Gefühl der Wertschätzung und des persönlichen Beitrags zum Unternehmenserfolg.


Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Sie die Schmerzpunkte und Motive Ihrer Mitarbeiter erkennen und angehen. Arbeitszufriedenheit entsteht nicht über Nacht, sondern ist das Ergebnis kontinuierlicher Anstrengungen und Investitionen in die Arbeitsumgebung und -bedingungen. Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich jeder Einzelne entfalten und entwickeln kann.


Daher ist es für KMUs unerlässlich, die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter kontinuierlich zu messen und gezielt Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu ergreifen. Nur so können sie langfristig erfolgreich am Markt bestehen und sich gegenüber der Konkurrenz behaupten.


In meiner täglichen Arbeit als Unternehmensberater nutze ich das Konzept der Arbeitszufriedenheit, um die aktuelle Personalsituation des Unternehmens zu analysieren und eine Verknüpfung der Ergebnisse mit konkreten betrieblichen Kennzahlen herzustellen wie beispielsweise Produktivität, Fluktuationsrate (Retention-Management) oder Fehlzeitenquote. Im Ergebnis sollen sowohl die betrieblichen Kennzahlen als auch das Wohlbefinden der Menschen im Unternehmen verbessert werden.

Dazu werden wissenschaftlich fundierte psychologische Messverfahren eingesetzt und die Arbeitszufriedenheit selbst, in ihren verschiedenen Dimensionen messbar als Wert gemessen.  


Relevante Bereiche der Arbeitszufriedenheit


Arbeitszufriedenheit ist ein komplexes Konstrukt, das aus verschiedenen Bereichen besteht (Neuberger & Allerbeck, 1978). Diese Bereiche sind entscheidend für das Wohlbefinden und die Motivation eurer Belegschaft und somit auch für den Erfolg des Unternehmens.

Nachfolgend werfen wir einen detaillierten Blick auf die relevanten Dimensionen der Arbeitszufriedenheit. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass nicht alle Maßnahmen für alle Menschen gleich wichtig sind, es können daher Abweichungen bestehen wie wichtige einzelnen Personen der jeweilige Aspekt ist.



Kollegen: Das Verhältnis zu den Kollegen ist ein wichtiger Teil der Arbeitszufriedenheit und hängt mit vielen weiteren Bereichen wie Betriebsklima oder Unternehmenskultur zusammen.


Konflikte zwischen Teammitgliedern, fehlende Kommunikation oder Missverständnisse führen zur Unzufriedenheit in diesem Bereich. Die negativen Folgen von Konflikten auf die Mitarbeitergesundheit und die Produktivität sind heute bereits gut belegt.  

Regelmäßige Teambuilding-Aktivitäten oder Firmenevents helfen das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Hier können auch gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen eingesetzt werden.


Eine offene Feedback-Kultur, in der Lob und konstruktive Kritik unter Kollegen ausgetauscht werden kann und willkommen ist fördern das Verständnis füreinander und beugt Konflikten vor. Bestehende Konflikte sollen unbedingt gelöst werden, bei schwierigen Fällen lohnt es sich externe Unterstützung hinzuzuziehen. Für jedes Unternehmen ist es ratsam ein systematisches Konfliktmanagement eingeführt zu haben.



Direkte Vorgesetzte: Die Führungskraft spielt eine Schlüsselrolle in der Wahrnehmung des Arbeitsklimas. Ein Vorgesetzter, der klare Ziele setzt, Feedback gibt und Anerkennung ausspricht, kann die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter maßgeblich beeinflussen.


Menschen verlassen nicht die Firma, sondern ihre Führungskraft. Das ist mittlerweile eine bekannte Weisheit und wird von mehreren Studien belegt. Die Beziehung zum Vorgesetzten ist einer der Hauptkündigungsgründe.


Ein offener und fairer Umgang miteinander ist Basis und Mindestvoraussetzung für gelungene Führung. Klare Kommunikation, Feedback, Vertrauen und gelebte Werte sind für eine gelebte Führungskultur unabdingbar. Richtige Auswahl der Führungskräfte ggf. auch mit diagnostischen Maßnahmen.



Eigene Tätigkeit: Die Identifikation mit der eigenen Tätigkeit und das Gefühl, einen sinnvollen Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten, sind zentrale Faktoren für die Mitarbeiterzufriedenheit. Monotone, sich ständig wiederholende Arbeiten sollten nicht zu lange von derselben Person ausgeführt werden.

Die Bedeutung der Tätigkeit und deren motivierende Wirkung wurden bereits im Detail in folgendem Artikel vorgestellt: https://www.m-taleb.de/fachkraeftemangel-wie-muss-soll-eine-motivierende-taetigkeit-sein


Eine Tätigkeit soll demnach ein gewisses Maß an Eigenverantwortung und ganzheitlich sein, um motivierend zu wirken und die Arbeitszufriedenheit zu steigern. Regelmäßiges Feedback über die Ergebnisse ist ebenso von Bedeutung.



Arbeitsbedingungen: Die physischen und ergonomischen Bedingungen am Arbeitsplatz müssen so gestaltet sein, dass sie Gesundheit und Wohlbefinden fördern. Flexible Arbeitszeiten und Home-Office-Optionen sind Aspekte, die in der heutigen Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Auch die 4-Tage-Woche ist mittlerweile ein viel diskutiertes Thema und wird von vielen Mitarbeitern bevorzugt.


Welche Maßnahmen hier sinnvoll sind, hängt sehr stark von der Zusammensetzung und den Wünschen der Belegschaft ab. Menschen, die gerade eine Familie gründen bevorzugen, sicher andere Arbeitsbedingungen als ein Single auf Karrierekurs.

 

Beeinträchtigungen der Gesundheit abzuwenden ist definitiv ein Muss und auch gesetzlich vorgeschrieben. Dazu zählt auch die psychische Gesundheit. Es besteht die Pflicht regelmäßige Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen (§§ 4 & 5 Arbeitsschutzgesetz).

Dieser Bereich hängt stark mit dem Employer Branding zusammen und kann, klug eingesetzt zur Positionierung genutzt werden.



Organisation und Leitung des Unternehmens: Transparenz, Kommunikation und die Einbindung in Entscheidungsprozesse sind Aspekte, die das Vertrauen in die Unternehmensführung stärken und die Arbeitszufriedenheit erhöhen. Aber auch die Vermeidung unnötiger Bürokratie oder unnötiger Regeln oder Dogmatismus („Das haben wir schon immer so gemacht“).


Lange Entscheidungswege, komplizierte Abläufe sind ebenso zu vermeiden, wie eine wahrgenommene Unfairness, weil Entscheidungen nicht nachvollzogen werden können. Insbesondere solche bei denen es um Beförderungen, Gehaltserhöhungen oder die Zuteilung eines besonderen Projekts geht. Wird ein Verhalten als unfair wahrgenommen, führt das schnell zur Unzufriedenheit und Konflikten.


Schlechte Zufriedenheitswerte in diesem Bereich sollten unbedingt entgegengewirkt werden. Dazu eignen sich offene Gesprächsrunden mit den Mitarbeitern ist das Vertrauen schon so weit zerrüttet, dass kaum noch Gesprächsbereitschaft besteht, empfiehlt es sich einen externen Experten hinzuzuziehen.



Eigene Entwicklung: Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung sind für viele Mitarbeiter ein wichtiger Aspekt ihrer Jobzufriedenheit. Investiert in die Fortbildung eurer Mitarbeiter, um nicht nur deren Kompetenzen zu erweitern, sondern auch ihre Loyalität zu stärken.

Neben der Entwicklung durch eine herausfordernde Tätigkeit spielen hierbei auch individuelle Entwicklungspläne eine Rolle. Dabei ist nicht ausschließlich der nächste Abschluss oder eine viertägige Schulung gemeint.


Ein neues Tätigkeitsfeld oder ein Mentor-Programm zählen ebenso dazu. Wird ein älterer Mitarbeiter Mentor eines jüngeren (und umgekehrt) können beide voneinander lernen und die Kluft zwischen der Generation verkleinert sich. Unbestritten haben auch etablierte Mitarbeiter die Chance sich in Sachen Digitalisierung oder Social-Media von den jüngeren Mitarbeitern etwas abzuschauen.



Bezahlung: Eine faire und leistungsgerechte Bezahlung ist unerlässlich. Sie sollte jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern als Teil eines Gesamtpakets, das auch andere Formen der Anerkennung und Wertschätzung beinhaltet.

Es wird kaum vorkommen, dass jemand sagt:“ Ich möchte nicht mehr verdienen.“


Das Vergütungspaket sollte fair und der Leistung angemessen sein. Zusätzliche Benefits können dazu genutzt werden sich als Arbeitgeber zu positionieren und haben einen hohen Einfluss auf die Mitarbeiterbindung. Ein Firmenwagen wirkt zum Beispiel sehr stark.

Zudem können steuer- und sozialabgabenfreie Zulagen genutzt werden.


Die Benefits können so gesetzt werden, dass sie auf die Menschen ausgerichtet sind, die im Unternehmen arbeiten und/oder die ich anziehen möchte. Dieser Bereich kann also auch aktiv für das Employer Branding genutzt werden.

Fazit:


Arbeitszufriedenheit ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg eines Unternehmens.

In den verschiedenen Bereichen, wie der Interaktion mit Kollegen, dem Verhältnis zu Vorgesetzten, der eigenen Tätigkeit, den Arbeitsbedingungen, der Unternehmensführung, der persönlichen Entwicklung und der Bezahlung, spielen unterschiedliche Aspekte eine wichtige Rolle.

Ursächlich für Arbeitszufriedenheit sind vor allem auch Erwartungen und subjektive Bewertungen.

Ein harmonisches Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeiter sich wertgeschätzt fühlen und ihre Aufgaben als sinnvoll empfinden, trägt nicht nur zur Zufriedenheit bei, sondern auch zur Steigerung der Produktivität und Bindung an das Unternehmen.

Transparente Kommunikation, klare Ziele und Entwicklungsmöglichkeiten sind Schlüsselfaktoren für die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter.

Für den Unternehmenserfolg ist es wichtig, dass Ihr als Inhaber, Geschäftsführer oder Personalverantwortliche diese Bereiche nicht nur kennt, sondern aktiv gestaltet und verbessert. Die Zufriedenheit eurer Mitarbeiter ist ein Spiegelbild der Unternehmenskultur und ein direkter Einflussfaktor auf die Produktivität und Mitarbeiterbindung. Nutzt gezielte Maßnahmen und regelmäßiges Feedback, um die Arbeitszufriedenheit in euren Unternehmen kontinuierlich zu fördern.

Durch die Einteilung der Arbeitszufriedenheit in ihre verschiedenen Dimensionen können die einzelnen Bereiche getrennt auf Schwachstellen untersucht und gezielt bearbeitet werden.


Zusammengefasst:


  • Arbeitszufriedenheit ist ein wichtiger Faktor für den Unternehmenserfolg
  • Arbeitszufriedenheit ist ein psychologisches Konstrukt und kann gemessen werden
  • Erwartungen und subjektive Bewertungen spielen eine Rolle
  • Arbeitszufriedenheit kann in verschiedene Bereiche untergliedert werden
  • Zwischen den einzelnen Bereichen können Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu betrieblichen Kennzahlen hergestellt werden
  • Arbeitszufriedenheit hängt mit relevanten betrieblichen Kennzahlen zusammen


Quellen:


Neuberger, Oswald; Allerbeck, Mechthild (1978): Messung und Analyse von Arbeitszufriedenheit. Erfahrungen mit dem „Arbeitsbeschreibungsbogen (ABB)“. Bern: Huber. 


NEUBERGER Oswald (1974): Theorien der Arbeitszufriedenheit. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH. 


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